"Peter Kenter ist konkreter Künstler und Mathematiker. Er gehört zu der
inzwischen wohl dritten Generation konkreter Künstler, die die Bewegung dieser
Kunstrichtung in der Tradition Max Bills fortsetzen. Er bekennt sich
ausdrücklich zu den strengen Forderungen Max Bills; und vor allem in der
konsequenten Einhaltung mathematischer Gesetze hat er seine persönliche
künstlerische Heimat gefunden. Für Peter Kenter bedeutet künstlerische Freiheit
nicht Zufall und Willkür, sondern die geistige Freiheit, sich den selbst
gesetzten Regeln zu unterwerfen. Regeln, die sich aus seiner Kompetenz als
Mathematiker und dem souveränen Umgang mit den Gesetzen der Mathematik
ableiten. Wie kaum ein anderer Künstler ist er von der Mathematik und der ihr
innewohnenden Schönheit überzeugt. In geordneten Systemen, in harmonischen
Maßen und vibrierenden Rhythmen macht er sie uns sinnlich erfahrbar. Aus
definierten Zahlenfolgen entwickelt er mathematisch-geometrische Strukturen.
Innerhalb dieser Strukturen erfasst, erkennt oder kreiert er gesetzmäßige
Zusammenhänge und Ordnungsschemata, die er auf ihren sinnlichen Gehalt, auf die
Möglichkeiten ihrer Visualisierung hin erprobt. Mit Hilfe des Computers entsteht
so schließlich ein Programm, das wie ein verbindlicher Plan seinen Bildern,
Bildabfolgen und Bildzyklen zugrunde liegt. Der handwerklichen,
malerischen Umsetzung dieser Bilder ist also ein Ideenfindungsprozeß
vorausgegangen, der allein aus den kreativen Operationen mit den Gesetzen der
Mathematik resultiert. In Anlehnung an Poincaré könnte man fast sagen: 'Kenters
Bilder sind verkleidete Definitionen mathematischer Objekte.' Das
vorzugsweise benutzte Quadrat gibt den Arbeiten eine akzeptierte,
selbstverständliche Eingrenzung und schließt durch seine neutrale Form
jede Konkurrenz zum inneren Bildgeschehen so weit wie möglich aus.
Außerdem taucht das Quadrat in der verkleinerten Wiederholung häufig als Modul
einer formalen Abwicklung auf, um dann eine beabsichtigte Korrespondenz zum
äußeren Format zu unterhalten. Bei den Farben können wir feststellen, daß
das Werk trotz des gelegentlichen Einsatzes von volltonigen Buntfarben
überwiegend von der Skala der Nichtfarben Schwarz und Weiß bestimmt wird.
Auch das ist kein Zufall. Denn Schwarz und Weiß bilden den schärfsten Kontrast
und sind am eindeutigsten. Das heißt, ihre Wirkung weist die geringste
Relativität auf. So sind es also vor allem dieses hohe Maß an Bestimmtheit und
Eindeutigkeit, warum Peter Kenter in seinen Arbeiten immer wieder Schwarz und
Weiß bevorzugt. Unübersehbar erkennen wir darin seine künstlerische Absicht, uns
Bilddefinitionen anzubieten, die ganz im Sinne von Max Bill das Universelle
fordern und dabei doch das Einmalige pflegen. Vielleicht liegt die Faszination
der Kunst Peter Kenters ja darin, daß sie dem Aufbau unseres Denkens ein Bild
gibt. Ein Bild, in dem das Denken sich selbst und gleichzeitig ein Stück unserer
Welt erkennt."
H. H. Zimmermann, 2005